Kaiserinnen als Säulen der Macht
Herrscherinnen in der Kaiserpfalz Ingelheim
Reliquienbüsten von Kaiser Heinrich II. und Kaiserin Kunigunde, um 1430/40
Erzbischöfliches Diözesanmuseum Paderborn, Inventar-Nr.: Diözesanmuseum Heinrich Kunigunde SK 110+111; Foto: Ansgar Hoffmann
In der Kaiserpfalz Ingelheim sind die Aufenthalte von fünf herausragenden
Frauenpersönlichkeiten des hohen Mittelalters nachweisbar.
Adelheid, Theophanu und Kunigunde waren Kaiserinnen der Ottonen, Gisela und Agnes Kaiserinnen der Salier.
Wie aber sahen die Handlungsspielräume von Kaiserinnen und Königinnen im Hochmittelalter aus?
Voraussetzungen und Aufgaben
Junge Frauen, die aufgrund ihrer hohen Herkunft für eine königliche Heirat infrage kamen, waren auf ihre Aufgabe vorbereitet. Die Kenntnis gesellschaftlicher Strukturen und die Beherrschung höfischer Etikette war selbstverständlich. Die Akzeptanz durch die Großen im Reich stärkte die Machtposition einer Kaiserin, Unterstützung konnte sie aber auch von ihrem familiären Netzwerk erhalten.
Ihre „typischen weiblichen Pflichten“ bestanden darin, als Partnerin des Königs zu dienen, Thronfolger hervorzubringen und als Hausherrin dem königlichen Haushalt vorzustehen (Hofverwaltung). Durch einen frommen Lebenswandel konnte die Königin aber auch zur religiösen Schutzpatronin und damit zum Maßstab für spätere Generationen werden, wie es das Leben der Kunigunde zeigt. Dies äußerte sich zudem in der Stiftung von Klöstern und Kirchen.
Auch die memoria für den verstorbenen König konnte zu ihren Aufgaben zählen.
Dass die königlichen Gattinnen neben einem Zuwachs an politischem Einfluss auch jenen von Kultur ermöglichen konnten, zeigt sich am Beispiel der Byzantinerin Theophanu. Schon die Karolinger zielten mit der Entlehnung kaiserlichen Ornates und Zeremoniells im byzantinischen Stil auf Gleichrangigkeit mit Byzanz, Otto I. setzte auf eine byzantinische Heirat.
Die herausragende Chance für die kaiserlichen Gemahlinnen aber lag in ihrer Funktion als königliche Beraterin und als Regentin.
Mit Adelheid kam der Begriff des consors regni ins ottonische Reich, der seit der römischen Antike bekannt war und eine Teilhabe an der Königsherrschaft bezeichnete. Die consors-regni-Formel fand Eingang in den deutschen Kanzleigebrauch und wurde auf den Urkunden (Staatsakten) verwendet, bei deren Verfassung die Regentin als Fürsprecherin (Interventin) auftrat.
Eine nicht unerhebliche Bedeutung hatten die Dotalgüter, also die Brautgeschenke oder auch ererbten Besitztümer der Kaiserinnen, über die sie uneingeschränkte Verfügungsgewalt (ius et dominium) besaßen, sie also auch verkaufen, belehnen oder verschenken konnten, was ein erhebliches Machtmittel darstellte.
Schließlich konnte die Herrscherin im Falle des vorzeitigen Todes ihres Gatten die Regentschaft für den noch minderjährigen Sohn antreten. Dies entsprach der Rechtslage einer Vormundschaft, wie wir es für Theophanu, später Adelheid für den noch unmündigen Enkel sowie Agnes und Gisela wissen. Doch auch ein verwaister Thron konnte übergangsweise mit der Kaiserin besetzt werden, wie im Falle der kinderlosen Kunigunde.
Ohne die rechtlichen und materiellen Voraussetzungen, ohne ein effektives Networking hätten die Kaiserinnen vielleicht nie die Chance erhalten, ihre persönlichen Fähigkeiten einzusetzen.
Es zeigt sich hierin, dass die Kaiserinnen in der Kaiserpfalz Ingelheim zu Recht als Säulen der Macht bezeichnet werden dürfen.