Agnes von Poitou

* um 1025
† 14. 12.1077

Heinrich III. (links) und Agnes von Poitou (rechts) übergeben das „Goldene Buch“ (Codex Aureus) an die heilige Maria, die Kirchenpatronin
von Speyer, Hintergrund: Dom zu Speyer. Speyerer Evangeliar, Echternacher Buchmalerei, um 1045, Vitrinas 17, fol 3r;
Abb. aus: Klaus Herbers, Helmut Neuhaus, Das Heilige Römische Reich: Schauplätze einer tausendjährigen Geschichte (843-1806), 2005

Matylda Gierszewska-Noszczyńska

Archäologin und GIS-Spezialistin,
Forschungsstelle Kaiserpfalz

Kaiserin Agnes – eine Frau der Alternativen?
Während andere Herrscherinnen mit Dominanz und Imposanz ihre Macht sicherten, suchte sie nach Alternativlösungen. Leider entwickeln sich die Dinge nicht immer so, wie wir es erwarten und nicht alle unserer Entscheidungen werden von „der Geschichte“ verstanden. Zerrissen zwischen weltlicher Macht und der Kirche entschied Agnes, sich selbst treu zu bleiben.

Die Aquitanierin Agnes von Poitou wurde um 1025 geboren und starb am 14. Dezember 1077.
Als Verlobte von König Heinrich III. wurde sie 1043 in Mainz zur Königin gekrönt. Am 21. November desselben Jahres fand die königliche Hochzeit in Ingelheim statt. Mit Rücksicht auf das Trauerjahr zum Tode der Kaisermutter Gisela, die im Februar 1043 gestorben war, verzichtete das gottesfürchtige Paar auf heitere Festlichkeit. Drei Jahre später wurde Agnes in Rom zur Kaiserin des römisch-deutschen Reiches gekrönt.
Als Heinrich III. 1056 starb, musste die politisch unerfahrene und zurückhaltende Agnes die Vormundschaft über ihren Sohn Heinrich IV. antreten.
Die Kaiserin verstand es nicht, im Reich für Ordnung zu sorgen und konnte Aufstände nicht verhindern. Um sich Unterstützung für den Reichsfrieden zu sichern, belehnte sie die Herzöge mit Stammland der salischen Könige.

Dies bedeutete für ihren Sohn einen schwerwiegenden Machtverlust, der schließlich zum Niedergang der Salier-Könige führte.
Agnes traf ihre folgenreichste Entscheidung in Rom, wo 1057 mit Papst Victor II. der letzte vom Kaiser eingesetzte Papst starb. Sein Nachfolger Papst Nikolaus II. legte per Dekret die Papstneuwahlen in die Hände der Kardinäle und beendete damit den Einfluss weltlicher Herrscher auf die Papstwahlen. Die Kardinäle wählten Alexander II., doch Agnes stellte einen Gegenkandidaten auf.
Während dieses Investiturstreites (Investitur = Einsetzung in ein [geistliches] Amt) standen erstmals zwei Päpste der Kirche vor. Doch der von den Kardinälen gewählte Papst Alexander II. konnte sich durchsetzen. Agnes zog Konsequenzen aus ihrer politische Niederlage und der von ihr unbeabsichtigten Kirchenspaltung. Sie ging nach Rom ins Exil, wo sie auch starb. Agnes wurde ungewollt die womöglich wichtigste Kaiserin des europäischen Mittelalters.

Denn ihr Sohn Heinrich IV. stand vor einer gespaltenen Kirche und einem geteilten Reich. Er verstrickte sich immer mehr in den Investiturstreit, denn er wollte die Wahl des Papstes wieder in kaiserlicher Hand sehen und damit die weltliche Macht über der kirchlichen.
Heinrich fiel bei Papst Gregor VII. in Ungnade, wurde exkommuniziert und als Kaiser offiziell abgesetzt.
Beendet wurde dieser Streit mit dem Gang nach Canossa, bei dem sich Heinrich Gregor unterwarf.

Damit verschob sich die tatsächliche Macht aller Könige und aller Länder Europas nach Rom, da nun der Papst den Kaiser wählte.

Dr. Britta Schulze-Böhm

Kunsthistorikerin, Forschungsstelle Kaiserpfalz

Was für eine Karriere: in der Kindheit nicht wichtig genug, überhaupt schriftlich erwähnt zu werden, dann Königin und schließlich Kaiserin! Doch Agnes´ wachsender äußerlicher Status führte nicht dazu, gleichzeitig auch eine Führungspersönlichkeit zu werden. Gerade diese Widersprüche und das Scheitern ihres politischen Handelns machen sie für mich zu einer Frau, die besonders viele
Ahnungen über menschliches Denken und
Handeln erlaubt. Im Mittelalter und heute.