Ingelheim

Die Pfalz Frankfurt war ein wichtiger karolingischer Stützpunkt, der sich unter den Staufern zum Zentrum der Reichspolitik und zum Krönungsort entwickelte.

Erbauungsjahr

Gründungsbau:
vor 822/823
Karolingische Neubauten:
Weihe 855
Staufischer Saalhof:
2. Hälfte 12. Jahrhundert /
um 1200

Bauherr

Gründungsbau:
Karl der Große (?),
Ludwig der Fromme
Karolingische Neubauten:
Ludwig der Deutsche

Verfall

Brand (nicht datierbar)

Karte der Herrschaftsorte

Frankfurt als Säule der Macht

Ludwig der Deutsche (843–876 König des Ostfrankenreiches) hielt sich während seiner Regierungszeit von über 40 Jahren insgesamt 30 Mal in Frankfurt auf. Neben Regensburg war Frankfurt der am häufigsten besuchte Herrschaftssitz. Ludwig der Deutsche gründete hier 852/855 ein Pfalzstift (später Bartholomäusstift) und ließ die dreischiffige Salvatorkirche mit Ostquerhaus und Ostapsis erbauen. Sie bot ausreichend Platz, um kirchliche Feste und Versammlungen ausrichten zu können. Frankfurt entwickelte sich seit der Fertigstellung der Pfalz im 9. Jahrhundert zu einer Art Hauptsitz des ostfränkischen Reiches. Unter den Staufern wurde Frankfurt neben Rom und Aachen zum Königswahlort, der mit der Wahl Heinrichs VI. 1147 begann (letzte Königswahl 1519, erste Kaiserkrönung 1562). Auch Friedrich I. Barbarossa wurde hier 1152 gewählt.

Was heute noch sichtbar ist

Von der karolingischen Pfalzanlage im „Franconofurd“ genannten Keller des Stadthauses, zwischen der Schirn Kunsthalle und dem Dom, sind nur wenige, unterschiedlich hohe Mauerreste aus groben Natursteinen erhalten. Sie stammen von den Hauptgebäuden der Pfalzanalage, zu der die zweigeschossige Aula regia (Thronhalle), die Kapelle sowie der lange, zweigeschossige Verbindungsgang zählen. Erhalten sind außerdem Mauern eines römischen Bades aus dem 1. Jahrhundert nach Christus sowie Fundamente mehrerer Militärgebäude. Sie belegen, dass der Ort bereits in römischer Zeit genutzt wurde. Im südlichen Querhaus des heutigen Domes sind Überreste der Salvatorkirche von 852/855 zu erkennen.
Auch Teile des staufischen Saalhofes, der neben der karolingischen Pfalz entstand, haben sich erhalten und werden im Historischen Museum ausgestellt. Hier ist im Untergeschoss noch der originale Boden mit wenigen Ergänzungen zu sehen.

Rekonstruktion der Anlage

Der linear angeordnete Grundriss erstreckte sich über eine Länge von 117 m. Auf die zweigeschossige Aula regia (Königshalle) mit mehrteiligem Anbau folgte ein langer, zweigeschossiger Gang, der die Aula mit der Kapelle im Osten verband. Die Kapelle diente als Grablege (Sepulkralbau), in der sich ein bi-rituelles Doppelgrab befand. Es bestand aus einem christlichen Mädchengrab und einer heidnisch-skandinavischen Brandbestattung. Über die Rolle des Sakralbaus als Vorgänger des Domes gibt es keine archäologisch gesicherten Belege. Nachgewiesen ist aber, dass der Bau in mehreren Phasen entstand.
Vermutlich gab es für den Herrscher einen eigenen Eingang zur Kirche. Davor befand sich ein Atrium (Innenraum oder -hof), über das man die Aula erreichen konnte. An die Aula schlossen sich weitere Annexbauten (Anbauten an Hauptgebäude) an, die als Vorhalle mit Treppenturm gedeutet werden.
Um 1200 wurde ein staufischer, zweigeschossiger Wohnbau errichtet, an den zur Mainseite hin ein etwa 18 m hoher, dreistöckiger Wohnturm angefügt wurde. Daran schloss sich der sogenannte Saalhof mit der Saalhofkapelle an, dessen Reste im Historischen Museum zu begehen sind.

Frankfurt als Herrschaftsort

Die Bezeichnung „Franconofurd – Furt der Franken“ ist erstmals 794 für einen fränkisch-merowingischen Königshof des 6. Jahrhunderts auf dem heutigen Domhügel nachweisbar. Dieser lag während der fränkischen Expansion im Zentrum des königlichen Fiskalbesitzes, zu dem seit dem Sieg der Franken über die Alemannen 506/507 auch deren ehemaliger Einflussbereich zwischen Rhein, Main und Neckar gehörte. In dieser Zeit wurden die Gebiete als Gaue oder Forste organisiert, die teils bis in die heutige Zeit bekannt sind, so etwa der Rheingau, die Wetterau, Dreieich, der Odenwald oder der Spessart.
Franconofurd war so bedeutend für die Reichspolitik, dass Karl der Große (768–814 König des fränkischen Reiches, ab 800 römisch-fränkischer Kaiser) hier die große Reformsynode von 794 abhielt, eine mehrere Wochen andauernde Reichs- und Kirchenversammlung.

Besonderheiten der Architektur

Entgegen der sonst üblichen Praxis der Staufer, bestehende karolingische Pfalzen wie beispielsweise in Ingelheim auszubauen, wurde in Frankfurt ein Neubau ausgeführt. Die staufische Anlage wurde also nicht auf die karolingische Bausubstanz aufgesetzt, sondern als eigenständiges Gebäude etwas südwestlich errichtet, von wo sie sich in Richtung Main erstreckte. Unter dem heutigen Römerberg wurden die Fundamentreste eines großen Turms mit einem Durchmesser von 21 m und einer Mauerstärke von über 6 m entdeckt. Er könnte eine Höhe von über 40 m erreicht haben und wäre eines der stärksten Bollwerke im Reich gewesen. Es ist jedoch fraglich, ob dieser Turm jemals fertiggestellt wurde. Vermutlich blieb er, wie auch der Turm in Gelnhausen, unvollendet. An den Turm wurde eine Kapelle mit Säulen und unterschiedlichen Kapitellen angebaut. Sie wurde vermutlich für den Hoftag 1208 in raschem Tempo errichtet und sollte zudem die Reichsinsignien verwahren. Die Lage des Palas kann nicht sicher rekonstruiert werden.
Die Entstehung des Saalhofes, des ältesten erhaltenen Gebäudes Frankfurts, kann nicht genau zugeschrieben werden, er könnte in der Regierungszeit Friedrichs II. (1212–1250 römisch-deutscher König, ab 1220 Kaiser) oder Heinrichs VII. (1308–1313 römisch-deutscher König, ab 1312 Kaiser) entstanden sein.

Bauausstattung

Vom aufgehenden Mauerwerk und der Bauausstattung der karolingischen Pfalz hat sich wenig erhalten. Einen Eindruck ihrer einstigen Größe vermitteln aber die Fundamente, die uneinheitlich aus gelbem und rotem Sandstein und grauem Kalkbruchstein bestehen. Aufgrund des unterschiedlichen Materials liegt die Vermutung nahe, dass die Fassade verputzt wurde.

Besonderheiten des Standorts

Die Pfalz wurde an einer Flussübergangsstelle direkt am Mainufer errichtet und entwickelte sich zu einem Handelsknoten mit Anbindungen an mehrere Straßen zu Wasser und zu Land. Hier kreuzte die römische Straße von Nidda nach Mainz den Main, der als wichtige Handelsstraße Frankfurt zu einem wirtschaftlich bedeutenden Ort machte. Mit dieser günstigen geographischen Lage wurde Frankfurt zu einem Bindeglied zwischen Norden und Süden, Osten und Westen des Reiches. Zudem lag die Pfalz in Reichweite der Bischofssitze Mainz, Worms, Regensburg und Würzburg.

Die Entwicklung der Pfalz

Bekannt ist, dass die Pfalzanalage durch einen Brand zerstört wurde. Eine Datierung kann jedoch nicht vorgenommen werden. Ebenso zeitlich nicht festzulegen ist der Beginn der bürgerlichen Bebauung des Pfalzareals, die mit dem Abbruch von Baumaterial einherging. Diese Neubesiedelung wird für das Spätmittelalter angenommen.

Archäologische Forschung

1829 wurde die erste Bodenöffnung nördlich des Doms durchgeführt. Der Standort der Frankfurter Pfalz blieb jedoch lange Zeit unbekannt und wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg entdeckt, nachdem die zerstörte Altstadt den Boden freigab. In den 1950er und 1960er Jahren schlossen sich weitere Grabungsphasen an. Das so freigelegte Mauerwerk wurde seit den 1970er Jahren im „Archäologischen Garten“ präsentiert. Seit der Neubebauung des Römerbergs sind die Baureste im Untergeschoss des Stadthauses ausgestellt. In den 1990er Jahren wurde bei archäologischen Grabungen ein unter dem Dom liegendes merowingerzeitliches Mädchengrab entdeckt. Die reiche Schmuckausstattung entspricht einer wohlhabenden Familie und legt die Vermutung nahe, dass der Ort schon vor der Erstnennung 794 bedeutend gewesen sein muss.
Die Datierung der Pfalz kann recht sicher in die Mitte des 9. Jahrhunderts gelegt werden.
Die Pfalzanlage könnte sich an eine ältere, merowingerzeitliche Architektur angeschlossen haben. Da sich Karl der Große 793/794 hier aufgehalten hat, ist vielleicht ein frühkarolingischer Pfalzbau anzunehmen, dessen archäologischer Nachweis jedoch noch nicht gelungen ist. Während eines Winteraufenthaltes Ludwigs des Frommen (781–840; ab 814 römisch-deutscher Kaiser) 822/823 sind laut Schriftquellen neue Gebäude errichtet worden.

Ihr Besuch

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Bitte befolgen Sie die aktuellen Hygiene- und Verhaltensregelungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie und achten Sie auf mögliche Änderungen der Öffnungszeiten.

Die Ausstellung „Kaiserpfalz Franconofurd“ ist vorübergehend geschlossen. Aus aktuellem Anlass ist eine Begehung nicht möglich. Innerhalb der regulären Öffnungszeiten kann die Anlage aber von der Zaunbegrenzung aus eingesehen werden.

 

Öffnungszeiten
Montag bis Sonntag: 10 bis 18 Uhr

Ausstellungsort
Stadthaus am Markt
Markt 1
D-60311 Frankfurt am Main

Veranstalter
Archäologisches Museum Frankfurt
Telefon 069 212-35896
Fax 069 212-30700
info.archaeolmus@stadt-frankfurt.de